Andreas Knuf, Christiane Tilly – Borderline: das Selbsthilfebuch

Christiane Tilly ist eine Betroffene, welche am Ende des Buches in einem Interview ihr Leben mit der Borderline Persönlichkeitsstörung schildert. Sie beschreibt, dass sie mittlerweile sehr viele Ziele erreicht hätte, an die sie früher gar nicht zu denken gewagt hätte, und dass sie in den letzten 15 Jahre einen Umgang mit ihren „besonderen Eigenschaften“ gefunden hätte. Schwierige Situationen lösen heute bewältigbare Krisen aus. Schwierig sei es gewesen, eine neue Identität zu finden, bei der die Borderline Persönlichkeitsstörung nicht im Mittelpunkt stünde. Lange Zeit, und vor allem auch im therapeutischen Kontext, wäre sie nur als „Borderlinerin“ betrachtet und behandelt worden.

Das vorliegende Buch ist ein Selbsthilfebuch. Über hundert betroffene Personen wurden zu ihrer Störung und ihrer Geschichte mit dieser befragt. Diese kommen in praktischen Beispielen auch zu Wort. Es werden zunächst die typischen Merkmale beschrieben- Stimmungsschwankungen, selbstverletzendes Verhalten, Suizidalität, die Schwierigkeit, alleine zu sein, das Verspüren einer großen inneren Leere, das Beurteilen in schwarz und weiß ohne  Zwischentöne zu erleben. Knuf und Tilly geben einige Ratschläge, welche keine Therapie ersetzen können, aber im Alltag helfen oder anderen bereits geholfen haben. So ist es zunächst wichtig, schwierige und krisenhafte Situationen zu analysieren. Und zu erkennen, dass die betroffene Person mit ihrem Verhalten zum Ausgang der Situation beigetragen hat. Diese Überlegung soll aus der Ohnmacht helfen, nichts verändern und beeinflussen zu können. Es gibt Eigenverantwortung zurück. Dabei ist die Überlegung natürlich wichtig, was überhaupt veränderbar ist und was als gegeben akzeptiert werden muss.

In schwierigen Situationen, zum Beispiel, wo man sich gekränkt fühlt oder sich eine gefährliche innere Leere breit macht, ist es hilfreich, über einen „Notfallkoffer“ zu verfügen. Dieser kann tatsächlich gepackt sein oder auch nur gedanklich parat sein. Es geht um angenehme Dinge oder auch herausfordernde Tätigkeiten, wie Denksportaufgaben, welche von einer möglichen Selbstverletzung oder einem anderen schädlichen Verhalten ablenken sollen.

Auch ganz praktische Dinge, wie die Auswirkungen einer Borderline Erkrankung, werden in dem Buch thematisiert. So zum Beispiel der Umgang mit den Narben, welche durch die Selbstverletzungen entstanden sind. Oder auch die möglichen Lücken im Lebenslauf, wenn lange Klink- oder Therapieaufenthalte erfolgten.

Ausführlich geht es auch um die Hilfestellung durch Selbsthilfegruppen, welche dem Austausch und der Entwicklung dienen und möglicherweise auch ein Auffangnetz bei Krisen darstellen.

Ein sehr gelungenes und praktisch orientiertes Buch zur Selbsthilfe!