E. Roediger – Was ist Schematherapie? Eine Einführung in Grundlagen, Modell und Anwendung

Die Schematherapie wurde vor ca. 20 Jahren von Jeffrey E. Young in den USA entwickelt und hat ebenfalls (wie z.B. die Akzeptanz- Commitement Therapie, siehe vorherige Buchrezension) die Verhaltenstherapie als Grundlage.  Young arbeitete damals in einem verhaltenstherapeutischen Institut und konzipierte dort Trainings- und Forschungsprogramme. Er stellte fest, dass manche Patienten von der kognitiven Verhaltenstherapie sehr wenig profitieren konnten. Dies lag nicht an deren Motivation, sondern an Emotionen, welche durch die therapeutische Beziehung aktiviert worden waren und den Therapieverlauf negativ beeinflussten. Die Schematherapie zielt nun darauf ab, genau diese negativen Beziehungserfahrungen zu thematisieren und mit anderen, positiven Erfahrungen und Emotionen, zu überschreiben, um dann zu verhaltenstherapeutischen Maßnahmen zurückkehren zu können.

Es sollen nicht nur die vordergründigen Probleme behandelt werden, sondern auch die zugrundeliegende Persönlichkeitsstruktur. Oft wird beobachtet, dass Bindungsstörungen auftreten, welche keine langanhaltenden positiven Ergebnisse der Therapie zulassen. Die Schematherapie versucht durch die Gestaltung der Beziehung zwischen Patient und Therapeut diese positiv zu beeinflussen und eine sichere, tragfähige und stabile Beziehung aufzubauen.

Ein weiteres Ziel der Schematherpie ist es, zu lernen, sich von den vordergründig emotional gesteuerten Prozessen zu distanzieren und eine Selbstreflexion anzuregen und einzuüben.

Roediger hat ein sehr lesenswertes Buch zur Einführung in die Schematherapie vorgelegt, welches zur tieferen Auseinandersetzung anregt.

Matthias Wengenroth – Das Leben annehmen – So hilft die Akzeptanz- und Commitmenttherapie (ACT)

Wengenroth stellt in seinem Buch “ Das Leben annehmen“ eine relativ neu entwickelte (vor 20 Jahren in den USA) Richtung der Verhaltenstherapie, welche mit dieser sehr gut kombinierbar ist, aber eben neue Inhalte aufgenommen hat. Ausführlich, aber sehr spannend und gut erklärend (ohne Fachchinesisch, wie er es ausdrückt), geht der Autor auf die Hintergründe ein, stellt einen Vergleich mit der kognitiven Verhaltenstherapie her, beschreibt diese auch genau, bevor er sich der Akzeptanz und dem Commitment zuwendet. Ein ganz zentraler Begriff dabei stellt die Achtsamkeit dar- der Augenblick, in dem wir uns gerade befinden. Unsere „Denkmaschine“, wie Wengenroth unser Gehirn benennt, lässt uns durch diverse Denkprozesse entweder auf die Vergangenheit oder auf die Zukunft konzentrieren. Oder schafft uns durch festgefahrene Sprüche wie „Ein Indianer kennt keinen Schmerz“ ein Korsett, das in Frage zu stellen ist.

Das eigene Problem unter dem man leidet und das einen einschränkt, also z.b. Ängste,  Zwänge, depressive Verstimmungen oder auch besonders negative Gedanken stellt Wengenroth als Monster dar, welches sich in den Weg stellt und damit den Betroffenen behindert. Nun gibt es zwei Möglichkeiten- man weicht dem Monster aus und vermeidet damit bestimmte Wege (z.b. ich gehe erst gar nicht außer Haus um mich nicht anstecken zu können oder um soziale Kontakte erst gar nicht aufkommen zu lassen, etc.). Die andere Variante wäre die Akzeptanz des Monsters und die Mitnahme von diesem auf dem vorliegenden Weg. So würde mich zwar die Angst, mich auf der Straße im Kontakt mit anderen anstecken zu können begleiten, aber ich würde mich dieser momentan unangenehmen Situation dennoch stellen. Die Zufriedenheit und Lebensqualität wäre vermutlich nach zweiter Variante höher. 

Es geht also darum, auf seine Gefühle und Gedanken hinzuschauen und mit ihnen leben zu lernen, anstatt diese das Ruder übernehmen zu lassen und sich Einschränkungen hinzugeben. 

Gedanken und damit auch Gefühle unterliegen diversen Fehlinterpretationen, welche es genau zu hinterfragen gilt. Wengenroth beschreibt etliche dieser Fehler unserer „Denkmaschine“ und gibt viele Hinweise, Bilder, praktische Vorschläge, wie diese überwunden werden können. 

M. Rufer/ H. Alsleben/ A. Weiss – Stärker als die Angst. Ein Ratgeber für Menschen mit Angst- und Panikstörungen und deren Angehörige

Wie der Titel bereits sagt, wurde dieses Buch für Betroffene und Angehörige geschrieben. Was auch sehr erfolgreich gelungen ist. Es ist ein dünnes Buch, das sehr viele Inhalte sehr anschaulich und verständlich erklärt und welches Betroffene zur Selbsthilfe ermuntert. Ausgegangen wird von der Frage, was Angst eigentlich ist, ob dieses Gefühl notwendig ist, ob es normal ist, Angst zu haben und Angst zu zeigen und ab wann von einer Angststörung gesprochen werden kann. Auch werden die unterschiedlichen Arten der Angststörungen dargestellt- spezifische Phobien, wie beispielsweise vor Spinnen oder Höhen, die Agoraphobie, welche als „Platzangst“ übersetzt wurde und nicht nur die Angst vor großen Plätzen beinhaltet, sondern auch die Angst vor Aufzügen, Verkehrsmitteln, Kaufhäusern und anderen engen Räumlichkeiten; die soziale Phobie, bei welcher Unbehagen und Angst im Kontakt mit anderen Personen auftritt. Weiters zählen noch die Generalisierte Angststörung und die Panikstörung zum Spektrum.

Wie Angststörungen überhaupt entstehen? Dazu tragen diverse Faktoren bei, wie Erziehung und Prägung durch das elterliche Verhalten, belastende Lebensereignisse, Persönlichkeitsfaktoren, Überforderungen, etc.

Doch was ist nun dagegen zu tun? Wie kann man sich von den Belastungen und Beeinträchtigungen befreien? Die Antwort ist eindeutig- es ist notwendig, sich der Angst zu stellen und gezielt Angst auslösende Situationen aufzusuchen. Klarerweise wird es da zunächst zu einem Angstanstieg kommen. Doch je öfter die Situation aufgesucht und ausgehalten wird, umso geringer wird die Angst in der Situation ausfallen. Die Person lernt, dass diese Situation nicht so schlimm ist wie angenommen und dass ihre Befürchtungen nicht eintreten. Das Buch gibt genaue Anweisungen, wie diese Übungen ausgesucht, gestaltet, strukturiert und durchgeführt werden, wie die Angst verlaufen wird, wie lange geübt werden muss, etc. Auch die Hintergründe, warum üben notwendig und sinnvoll ist, werden erläutert.

Ist es nicht möglich, durch eigenständiges Üben zu einem befriedigendem Ergebnis zu gelangen, ist es hilfreich, sich professionelle Hilfe zu holen, wie beispielsweise in einer Verhaltenstherapie. Diese Therapieform zeigt nachweislich die besten Erfolgsaussichten bei der Behandlung von Angststörungen. Die Autoren erklären nicht nur den Ablauf einer Verhaltenstherapie, sondern erläutern auch die medikamentöse Behandlung, die Vor- und Nachteile dieser und welche Arten von Medikamenten bei Angststörungen verschrieben werden können. Auch Informationen zu Selbsthilfegruppen werden gegeben- wie diese aufgebaut und ablaufen sollten, und wo dieses gefunden werden können.

Ein sehr empfehlenswertes Buch!

E.S.Becker, J.Hoyer – Generalisierte Angststörung (Fortschritte der Psychotherapie)

Im Mittelpunkt der Generalisierten Angststörung steht das Sich Sorgen. Manche Patienten beschreiben, dass sie sich viele Stunden pro Tag Sorgen machen und an nichts anderes denken können. Oft entstehen Sorgenketten- von einer Sorge geht es in die nächste über, ohne dass diese zu Ende gedacht werden. Auch charakteristisch ist, dass die Sorgen als unkontrollierbar wahrgenommen werden, wodurch diese zu noch mehr Angst und zu höherer Belastung führen. Meistens haben die Sorgen und Ängste einen sehr realistischen Hintergrund. Panikattacken treten bei einer generalisierten Angststörung eher selten auf.

Der vorliegende Band stellt drei verschiedene Therapiemethoden vor, die speziell für die Behandlung von generalisierten Angststörungen entwickelt wurden. Zum einen geht es um ein Konfrontationsverfahren. Hier sollen Sorgen zu Ende gedacht, also katastrophisiert werden. Dabei wächst die Angst zunächst. In der Regel werden die Sorgen nie zu Ende gedacht um das Angstniveau niedrig zu halten. Die gleiche Sorge, bzw. das erarbeitete „Drehbuch“ soll nun so oft durchgedacht werden, bis die ausgelöste und empfundene Angst niedriger wird und die Sorge ihre Bedrohung verliert. Bis also die Psyche habituiert.

Das zweite Verfahren stellt die Kognitive Therapie nach Wells dar. Dieser fand heraus, dass die Sorgen über die Sorgen, sogenannte Meta- Sorgen, für die Patienten schlimmer sind als die eigentlichen Sorgen. Manche Patienten fürchten, bei all den Sorgen verrückt zu werden. Wells konnte bestätigen, dass das intensive Hinterfragen dieser sogenannten Metasorgen zu einer Reduktion der Belastung und zu geringeren Sorgen führen. Notwendig dafür ist, zunächst die Metasorgen herauszufinden und diese konkret zu beschreiben.

Das dritte Verfahren konzentriert sich auf die körperliche Ebene der Angstempfindung. Es ist die Angewandte Entspannung nach Öst, welches auf der progressiven Muskelrelaxation beruht. Ziel ist es, dass die Patientin/ der Patient lernt, sich innerhalb weniger Augenblicke zu entspannen. Erst wenn dies gelingt, soll das Entspannungsverfahren in einer angstauslösenden Situation eingesetzt werden. Auch bei diesem Verfahren, wie bei den oben genannten, erfährt der Patient, dass er seine Angst und die Sorgen kontrollieren kann.

Michael Mary – Die Beziehungs Trickkiste

Michael Mary ist seit beinahe 40 Jahren Paar- und Singleberater, wie er sich nennt und hat bereits sehr viele Bücher in diesem Bereich veröffentlicht. Die Beziehungstrickkiste beschreibt diverse Schlagworte, welche im Zusammenhang mit Beziehung von besonderer Bedeutung sind. Jede Beschreibung ist nicht länger als zwei Seiten lang und endet mit einem Tipp aus der Trickkiste. Zu manchen kurzen Kapiteln gibt es auch Übungen für Paare.

Michael Mary unterscheidet primär die partnerschaftliche Liebe, eine frundschaftliche Liebe und eine emotional- leidenschaftliche. Meistens wechseln sich diese drei Formen in einer Beziehung ab, nicht selten widersprechen deren Interessen auch. Ganz klar beschreibt Mary jedenfalls, dass auch in einer Beziehung jeder für sich bleibt, jeder ein Individuum getrennt vom Partner zu sehen ist, seine/ihre Interessen weiterhin hat, etc. Ganz gliech, welche Problematik gerade ansteht, in diesem Buch wird man fündig- Zusammenleben, Kommunikation, Gefühle wie Hass, Eifersucht, Liebe, Wut, Langeweile, Sehnsüchte…

Beziehungsfähig! – Psychologie heute (Ausgabe 12/2017)

Der Leitartikel der aktuellen Ausgabe von „Psychologie heute“ stellt zunächst die Frage, ob wir heute weniger beziehungsfähig sind als früher. Sind Perfektionismus und ein „Selbstoptimierungswahn“ schuld daran? Das Suchen des perfekten Partners? Oder sind es unsere steigenden Ansprüche an eine Beziehung? Dass wir uns heute in der Regel weniger gefallen lassen und uns schneller trennen? Oder einfach das große Angebot über Internetplattformen zum Kennenlernen von potentiellen Partnern und Partnerinnen?

Nicht die Menschen wären ängstlicher geworden, sondern ängstliche Menschen könnten diese Angst leichter als früher ausleben, so der Artikel.

Wie wird ein Mensch beziehungsängstlich, beziehungsunfähig? Der Grundstein dazu wird in der Kindheit gelegt. Die Eltern oder nahen Bezugspersonen sind einerseits beispielgebend und vermitteln andererseits ihrem Kind spätere Glaubenssätze. Es werden 4 Grundbedürfnisse unterschieden- Bedürfnis nach Bindung, nach Autonomie und Kontrolle, nach Selbstwerterhöhung und nach Lustgewinn bzw. Unlustvermeidung. Kümmern sich nun die Eltern oder Bezugspersonen liebevoll und beständig um das Kind, wird nicht nur das Bedürfnis nach Bindung befriedigt, sondern das Kind erlebt auch, dass es angenommen und gut ist, wie es ist. Auch lernt das Kind, dass es in Beziehung auch einer gewissen Anpassung bedarf, um gut zu funkionieren, aber diese wiederum auch Autonomie aushält. Ganz oft, so wird weiter beschrieben, kommt es zu einem Spagat zwischen Distanz und Nähe, zwischen Selbstbehauptung und Anpassung.

Selbst wenn die Erziehung und das Bindungsverhalten durch die Eltern längst zurück liegen, kann ein falsch gelerntes Muster aufgearbeitet bzw. bearbeitet werden. Wie Stafanie Stahl beschreibt, geht es da zunächst um das Eruieren der Prägung durch die Eltern und das Reflektieren dieser Muster. Meist stößt man dann auf Glaubenssätze, die tief in uns verankert sind, positiv wie negativ sein können und unser tägliches Tun und Miteinander beeinflussen. Zuletzt gilt es, sich bei diesen automatisch ablaufenden Gedanken zu ertappen und ein neues Verhalten anzuwenden.

Wardetzki B. – Souverän & selbstbewusst. Der gelassene Umgang mit Selbstzweifeln

Das Buch gliedert sich in drei Teile und beschreibt ausführlich zunächst den Selbstzweifel, das Selbstwertgefühl und kommt dann zu den Schlagwörtern des Buchtitels souverän und selbstbewusst. Die Autorin Bärbel Wardetzki, selber Psychologin und Psychotherapeutin, beschreibt in kurzen Kapiteln, welche Gedanken und Verhaltensweisen zu Selbstzweifel führen können. Jeder von uns kennt wohl eine Situation, in der man sich mit jemandem anderen vergleicht, der einem ungleich besser, intelligenter, kompetenter, etc erscheint. Die Folgen kennt man auch nur zu gut- noch in der Situation verlässt einen jegliche Souveränität und jegliches Selbstbewusstsein. Personen, welche für solche Vergleiche und Gedanken besonders empfänglich sind, verharren oft länger bei diesen und finden schwer wieder heraus.

Das Selbstwertgefühl wird in verschiedene Werte unterteilt, welche insgesamt einen gesamten Selbstwert ergeben: den emotionalen Selbstwert, den leistungsbezogenen, einen sportlich/körperlichen, Attraktivität, Umgang mit Kritik und Sicherheit im Kontakt.

Doch wie wird man nun souverän und tritt selbstbewusst auf? Wardetzki beschreibt hier verschiedene Möglichkeiten und Übungen, wie z.B. die Konzentration auf das Hier und Jetzt, und den Vorsatz, sich auf Dinge am heutigen Tag zu konzentrieren. Nur im jetzigen Augenblick kann man an sich arbeiten und kann so den Start zu etwas Neuem festlegen. Auch beschreibt sie den Umgang mit abwertenden Gedanken, die zu negativen Gefühlen führen, welche bewusst wahrgenommen und ihnen nachgespürt werden soll.

Es ist ein kompaktes und informatives Buch über viele Aspekte, die einzeln für sich genommen jeweils wieder ein Buch ergeben könnten.

Anja Abends und Meike Abends – Schnittstellen. Warum ich mich immer wieder selbst verletzen musste

Mutter und Tochter schildern aus ihrer Sicht die schwierige Situation zu Hause. Meike ist eine 14 jährige Jugendliche, die zur Schule geht und viele Begabungen mitbringt, aber keine davon länger ausüben will. Schon gar nicht vor anderen und im Wettbewerb mit anderen. Ihre Mutter lebte lange Zeit für ihre Familie; zwei Kinder aus erster Ehe, danach kam Meike als Nachzüglerin in zweiter Ehe zur Welt. Und als diese 4 Jahre alt war, nahmen sie Marvin, einen 6 jährigen Pflegesohn auf. Ihren Mann und sie verbindet die große Hilfsbereitschaft für andere.

Dann gleitet Meike ab, in Selbsthaß, Haß auf die Gesellschaft und auf ihr Umfeld, findet sich häßlich, weder liebenswert noch wertvoll, hungert sich dünn, erbricht nach Essattacken und schneidet sich immer wieder mit Rasierklingen, um die lauten negativen und abwertenden Stimmen in ihrem Kopf zu besäftigen. Mit ihrer Mutter reibt sie sich am meisten, kann zeitweise mit ihr nur schreien und fühlt sich immer unverstanden und alleine. Ihre Mutter, die als Erwachsene ein Sprachenstudium absolvierte und nun als Lehrerin zu arbeiten beginnt, ist ratlos, verzweifelt, fühlt sich ohnmächtig im Umgang mit ihrer jüngsten Tochter und fürchtet zunehmend das nach Hause kommen aus Angst und Ungewissheit, wie sie Meike vorfinden wird.

Therapien werden versucht, sogar ein drei wöchiger Therapieaufenthalt- ohne Veränderung. Im Gegenteil, Meike sieht sich in ihrem Hass bestätigt.

Die Wende erfolgt, als Meike die Schule abbricht und ein Praktikum in einem Bestattungsunternehmen beginnt. Es warten neue Herausforderungen auf sie, sie wird nach ihrem Tempo eingeschult und sie erlebt endlich wieder Bestätigung.

Ein sehr gutes und packendes Buch, das die Ohnmacht und Betroffenheit stark spüren lässt.

Anna S. Höpfner – Das Lächeln der Leere

Magersucht. Anorexie. Sofia, ein junges Mädchen, 14 Jahre alt, mit einem BMI von 15 oder sogar darunter, fährt für zwei Monate in eine Therapieeinrichtung für Essstörungen.

Frau Höpfner beschreibt hier einen Ausschnitt ihrer eigenen Lebensgeschichte, weshalb dieser Roman sehr authentisch, warmherzig und ehrlich ist. Ausgangspunkt ist die große Angst vor diesem Aufenthalt, mitsamt der Ablehnung und der eigenen Verwunderung, überhaupt diesem Schritt zugestimmt zu haben. Gleichzeitig aber besteht doch der Wunsch nach Veränderung und das Erahnen, dass es so nicht weitergehen kann und das Wissen, dass dieses Leben weder die ersehnte Freiheit noch das erwartete Glück mit sich bringt. Woche für Woche nimmt die Autorin den Leser mit in ihre Welt, zu ihren Ängste und ihren Sehnsüchten und beschreibt den langsamen Sinneswandel. Vom Widerstand und der inneren Abwehrhaltung hin zum Willen, eine Gewichtszunahme anzustreben und für eine solche zu kämpfen. Die beschriebene Patientin war vor der Erkrankung eine leidenschaftliche Reiterin, bis sie dann dafür zu schwach wurde und das Sitzen am Pferderücken im Sattel zu weh tat. In der Therapie darf sie wieder einmal auf einem Pferd sitzen- das löst einen Sinneswandel aus. Sie bekommt Lust, all die, durch die Krankheit, verloren gegangen Dinge in ihrem Leben zurück zu gewinnen und beginnt nun den Kampf mit ihrem größten Feind- mit sich selber. Mit ihren Stimmen, die jeden Bissen, jede Mahlzeit genau beobachten und kritisieren, die ihren Körper unter die Lupe nehmen und sie als Person in Frage stellen.

Es ist ein sehr lesenswertes Buch einer Jugendlichen auf der Suche nach ihren Werten und ihrer Identität.

Christopher Fairburn – Essattacken stoppen. Ein Selbsthilfeprogramm gegen Binge eating.

Fairburn ist Professor für Psychiatrie in Oxford und leitet auch ein Forschungszentrum für Essstörungen. Dort hat er sich besonders mit Binge eating auseinandergesetzt und in Folge dessen ein kognitiv verhaltenspsychologisches Programm zur Behandlung von Binge eating entwickelt.

Binge eating wurde bereits vor ca. 60 Jahren beschrieben, aber erst in den 90ger Jahren als eigene Diagnose definiert. Dabei handelt es sich um Essanfälle, bei denen übermäßig viel auf einmal gegessen wird und bei welchen ein Kontrollverlust erlebt wird. Oft essen die Betroffenen alleine und sind zum Zeitpunkt der Essattacke nicht in Gesellschaft. Häufig wird besonders schnell gegessen. Vor dem Anfall wird von einem zwingenden Gefühl, etwas zu essen, gesprochen. Die Betroffenen beschreiben beim Anfall selber eine Art Trance, in der sie ihr Verhalten kaum mehr kontrollieren können.

Fairburn beschreibt in dem ersten Teil seines Buches mögliche Faktoren, die zur Entstehung von Essstörungen, im besonderen von Essattacken, führen. Auch differenziert er zwischen Bulimia nervosa und binge eating. Auch die Anorexie erläutert er kurz. Weiters geht er auf die Folgeerscheinungen ein, welche häufige Essattacken mit sich bringen. Wird nach den Anfällen erbrochen oder werden Abführmittel aus Angst vor einer Gewichtszunahme eingenommen, sind die körperlichen Auswirkungen und Schädigungen oftmals gravierender, wenngleich nicht irreversibel.

In seinem zweiten Teil steht das Selbsthilfeprogramm im Mittelpunkt. Es besteht aus insgesamt 5 Schritten, welche nacheinander über mehrere Wochen erarbeitet werden sollen. Das Programm an sich ist wissenschaftlich erprobt und dessen Wirkungsweise bestätigt.

Die einzelnen Stufen sind klar und sehr verständlich dargestellt. Zunächst geht es um die genaue Selbstbeobachtung- wann neige ich zu übermäßigem Essen? In welcher Stimmung bzw. welcher Situation bin ich besonders gedährdet? Die Beobachtungen sollen genau dokumentiert werden. Im nächsten Schritt geht es um die Einführung eines Essensplans um regelmäßige Mahlzeiten einzuhalten. Oft entstehen Essattacken durch lange Essenspausen, welche auf den Wunsch, abzunehmen, zurückzuführen sind. Diese Essenspausen bedeuten für den Körper sowohl physischen wie auch psychischen Stress, welcher dann mittels großer Essensmengen ausgeglichen wird. Im dritten Schritt sollen dann Verhaltensalternativen zum Essen überlegt werden. Im 4. geht es um die Verbesserung der Problemlösefähigkeit- auch um Rückfälle zu vermeiden. Und im letzten Schritt soll eine Bestandsaufnahme gemacht werden. 

Auch die Vermeidung von Rückfällen wird thematisiert und aufgegriffen. Besondere Hilfestellungen sollen diese verhindern.

Ein sehr informatives und lesenswertes Buch- für Betroffene, Angehörige, Freunde und Therapeuten.